J wie [ Jenoside ]

J wie [ Jenoside ]

7. Dezember 2022 2 Von Eva

Das J ist eine hochkomplexe und fragile Thematik.
Das J ist in Bearbeitung und kommt bald.

Versprochen….

Endlich wage ich mich erneut an den fragilen Text. Und es werden zwei Texte. Der Eine ist nett. Der andere nicht.


J wie Jenoside


So wird er hier genannt und buchstabiert. Mit J. Er wird auch sanfter und seltener ausgesprochen als in unserem Sprachgebrauch. Außer im April jeden Jahres. Kwibuka 28. Der nationale Erinnerungsmonat des Jenoside. In diesem Monat muss erinnert und muss aufgearbeitet werden. Plakate „KWIBUKA 28“ mit Gedenkflamme zieren öffentliche Einrichtungen, Straßenzüge, Wände.
Sonst wird der Jenoside hier weniger aus-buchstabiert. Das Schreckliche, das über viele Tage, über Jahre zuvor und Jahre später geschehen ist – ist auch unbeschreiblich. Das weiß hier jede und jeder.
Das „Memorial of Jenoside“ (Museum) in Kigali drückt eindrücklich eine Narration dieser Schrecklichkeit aus. Das Jahr 1994 gehört in seine umliegenden Jahrzehnte eingebettet. Und nur im Zuge der Gesamtgeschichte können wir ansatzweise versuchen, ahnen zu verstehen, wie alles so wurde, wie es wurde. Es ist hochkomplex. Vielseitig. Alle mischen mit. Wir werden nie eine Wahrheit oder eine politisch wahre Entwicklung dieser Zeit kennen. Sagten mir schon viele RuanderInnen. Wir werden nie eine Wahrheit oder eine politisch wahre Entwicklung dieser Zeit kennen. Wiederhole ich nochmals.

Und in alledem weiterhin gut in unserem Land leben. How? Strategien lernen, die mich durch meinen individuell ruandischen Alltag weitertragen. Dieser Zugang rückt immer mehr in meinem Fokus. Denn ich habe mich in der Vorbereitung auf unsere Ausreise oft dabei erwischt, wie ich Stereotype über Afrika glaube und Ruanda auf seine Traumata von 1994 reduziere. Ganz anders ist der hier erlebte Alltag. „Lebe die Lage“ – gestalte die Geschichte im Hier und Jetzt – gucke ich mir von jungen RuanderInnen und Deutschen ab. ; )

Wir können Bücher lesen, mit sogenannten Genozid-Überlebenden sprechen, wir können Filme anschauen, ich habe mich mehrere Stunden an mehreren Tagen mit meinem Sprachlehrer zusammengesetzt, um Bruchteile besser zu verstehen – und komme zu dem Ergebnis, dass es sich um viele Jahre konfuser, komplexer, innerpolitischer Auseinandersetzungen und Fügungen, um Macht und Money-Business, um machtinteressen Einzelner und ganzer Staaten, handelt – die kein Zebra sind. Niemals werden die Jahre um 1994 schwarz-weiß wie das simple Tier abzuhandeln sein. Im Ringen um Wahrheit schließe ich mich meinen ruandischen Freunden an, und entdecke eben dieses Ringen in alltäglichen Formulierungen, leicht zu übersehen, minimalistisch gehalten, um nicht aufzufallen und dennoch ein leise Stimme zu haben. Wege der Äußerung sind da. Wege werden wunderbar alltäglich gegangen. Denn hier wird eigentlich alles zu Fuß erledigt. Auch diese politischen Wege werden zu Fuß begangen. ; ) From the sole to the soul. Oder umgekehrt? From the soul to the sole?

Beispiel: So wird meine Seele während des langen Arbeitsweges (4 – 25 km zum Shop/ in die Stadt), in guter Gesellschaft freier und leichter und verbundener.


J wie Jenoside

Ich möchte euch und mir zurufen: Kommt nach Ruanda. Ja, auch nach Kigali. Ja, auch ins Genocide Museum.
Aber lasst die RuanderInnen aus der dramatischen und traumatischen Genocide Erzählung ausbrechen.
Lasst dieses Land und seine vielen Menschenkinder über den J hinauswachsen. In euerm Verständnis von Ihnen.
Ja, lernt Geschichte und kommt mit historisch-kultur-sensitiver-Haltung. Ohne Verleugnung schlimmsten Kummers, den es in jedem Familienhaus hier gibt.

Lasst zu, dass unser Rwanda wirklich ein Entwicklungsland sein darf. Stark in der Entwicklung. Stark im Fortschritt. Nicht gelähmt in der Geschichte oder einer europäischen und eurozentriscchen Narration dieser schlimmsten Geschichte, die Land und Leuten widerfahren kann. Lernt zwei drei vier neue Menschen kennen, ihr Leben, ihr Arbeiten, ihre Kämpfe, ihre Finanzlage, ihre Familie. Findet neue Geschichten. Und lasst euch überraschen von neuen J’s. Von Jennifer, Jeanne und Joseph. Lasst die Reduktion Rwandas und findet mit mir zusammen Addition, Expansion, Farben, Namen, Entwicklungen, True Crimes und wahre Menschlichkeit … Denn davon gibt es alles. Hier. Und Dort. Nibyo? Ist es nicht so? Ist das nicht die Wahrheit?


„Hello sweetheart – look at the donut, not the hole! “

(Zitat meines Englischlehrers der Vorbereitungszeit.
Pragmatisch. Geerdet, im Hier und jetzt und International gültig).